Im Teil 1
dieses Beitrages haben Sie erfahren, dass nicht jedes Unternehmen fähig
ist Earned Value Management einzuführen. Man muss aber auch sagen: Es
ist nicht bei jedem Unternehmen, dass Projekte durchführt, sinnvoll EVM
einzuführen!
Was aber braucht es für eine erfolgreiche Einführung von EVM in Ihrem
Unternehmen? Wenn Sie die folgenden entscheidenden Grundvoraussetzungen
erfüllen, dann habe Sie es einiges leichter:
- Gut ausgeprägte Projektkultur im Unternehmen
- Hohe Projektmanagement-Reife des Unternehmens
- Guter Ausbildungsstand der Projektleiter und Projektbeteiligten
- Wille und Support durch das TOP-Management
Jedes Unternehmen hat irgendeine Projektkultur, d.h. Normen, Wertvorstellungen, Verhaltensweisen und Denkenshaltungen, die Teil der Unternehmenskultur sind. In der Umgangssprache der Projektmanager kann Projektkultur auch als die Summe aller „weichen Faktoren“ definiert werden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zählen zur Projektkultur die Wertschätzung der Projektarbeit innerhalb eines Unternehmens, die Kooperationsbereitschaft zwischen Personen und Abteilungen, die Kommunikationsfähigkeit und die Konfliktfähigkeit der Projektbeteiligten bis hin zum Selbstverständnis des Unternehmens als Projektträger.
Die Projektkultur hat einen entscheidenden Einfluss auf die Einführung von EVM. Unternehmen im Bereich Maschinen-/Anlagenbau, IT-Softwareentwicklung usw. werden tendenziell eine ausgeprägtere Projektkultur haben als z.B. Banken, Versicherungen oder Handelsunternehmen. Bei einer wenig ausgeprägten Projektkultur wird die Akzeptanz und das Verständnis für diese neue Methode eher klein sein, nach dem Motto: „Noch mehr Papierkrieg!“
Hohe Projektmanagementreife im Unternehmen
Für die Einführung von Earned Value Management benötigt ein Unternehmen eine gewisse Projektmanagementreife. Wenn es bei der Projektkultur die „weichen Faktoren“ waren, so sind es hier eher die „harten Faktoren“. Diese Projektmanagementreife zeigt sich in folgenden Punkten:
- Standardprozesse für Projekte sind vollständig eingeführt, dokumentiert und verstanden. Dies umfasst Standards, Prozesse, Werkzeuge und Methoden.
- Projekte nutzen auf sie zugeschnittene Versionen der organisationsweit definierten Prozesse.
- Prozesse werden, unter Berücksichtigung der Prozessaktivitäten und deren detaillierten Messung, aktiv gemanagt.
- Eine eigene Arbeitsgruppe ist für die Prozessaktivitäten verantwortlich.
Abbildung: Projektkultur als Basis für Fähigkeit und Reife im Projektmanagement
Die Reife, die durch die oben stehenden Punkte charakterisiert wird, entspricht etwa der dritten Reifegrad-Ebene (Defined Level) des Capability Maturity Model Integration (CMMI). Die fünfte Ebene (Optimizing Level) entspricht der höchsten Reifegrad-Ebene.
Guter Ausbildungsstand der Projektleiter und Projektbeteiligten
Für die Einführung von EVM braucht es einen guten Ausbildungsstand der Projektleiter und der Projektbeteiligten. Denn nur so können die Zusammenhänge und der Sinn und Zweck von EVM verstanden werden. Der Erfolg einer EVM-Einführung ist schon sehr hoch, wenn die ersten drei Grundvoraussetzungen zutreffen: eine stark ausgeprägte Projektkultur im Unternehmen, eine relativ grosse Projektmanagementreife
des Unternehmens und ein guter Ausbildungsstand.
Willen und Support durch das Top-Management
Das Management ist der kritische Erfolgsfaktor bei der Einführung von EVM. Wenn das Management den Sinn und Zweck von EVM erkennt, diese Transparenz unterstützt und sogar fördert, dann kann man gratulieren. Es ist jedoch auch sehr gut möglich, dass diese Transparenz vom Management nicht gewollt ist, und das Ganze als unnötiger Papierkram abgetan wird. Dann wird die Einführung von EVM im Unternehmen scheitern. Wenn aber die ersten drei Grundvoraussetzungen zutreffen, dann ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass auch die vierte Grundvoraussetzung zutrifft.